1886
Die Gründerjahre
1886 ist ein Jahr in dem viel passierte. König Ludwig II stirbt unter mysteriösen Umständen im Starnberger See, die Coca Cola wird erfunden und die Freiheitsstatue eingeweiht.
Und im Ortsteil Diedenbergen des kleinen Taunusstädtchens Hofheim versammeln sich in der Mitte des Jahres 15 junge Leute im Gasthaus „Zum goldenen Stern“ in der Hintergasse 32. Ihr Plan: Die Gründung eines Turnvereins. Ihr Vorhaben setzten sie in die Tat um. Der 30. Mai 1886 wird die Geburtsstunde des Turnvereins Diedenbergen. Als Gründer darf man davon 14 Männer für ihre gute Idee beglückwünschen. Sie sind im „Hauptbuch“ des Vereins namentlich genannt. Die ersten TVDler waren:
Heinrich Harff – Philipp Fein – Jakob Theis – Heinrich Schmidt II – Heinrich Kleber II – Karl Müller II – Heinrich Fischer – Karl Aporta II – Philipp Müller – Karl Müller I – Adam Stephan – Karl Aporta I – Wilhelm Rohr und Philipp Rohr.
Heinrich Harff wurde gleich mit einer besonderen Aufgabe betraut: Er sollte eine erste Generalversammlung einberufen. In aller Herrgottsfrühe um 6 Uhr versammelten sich am zweiten Pfingsttag 1886 – es war der 14. Juni – die neuen Vereinsmitglieder zur ersten außerordentlichen Generalversammlung. Insgesamt 26 Mitglieder zählte der Verein zu dieser Zeit. Die kleine Gruppe wählte sogleich ihren Vorstand durch Stimmzettel. Zum glücklichen Ersten Vorsitzenden – damals noch als „Sprecher“ bezeichnet – wurde Heinrich Harff gewählt. Philipp Fein erklärten sie zum Turnwart und Philipp Müller wählte die kleine Turngemeinschaft zum Schriftwart. Mit der Aufgabe des Zeugwarts betrauten sie Jakob Müller. Fr. Schmidt übernahm den Posten des Beisitzers.
Natürlich mussten auch einige Regeln für das zukünftige Vereinsleben festgelegt werden. Einig waren sich die neugekürten TVDler, dass jedes Mitglied einen monatlichen Betrag zahlen musste, sobald es dem Verein beitrat. 30 Pfennig, sollte jeder Turner dem Verein alle vier Wochen beisteuern. Für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren – die man damals Zöglinge nannte – gab es einen Sonderpreis. Sie durften schon für 20 Pfennig an den Vereinsaktivitäten teilnehmen. Hinzu kam für alle ein Eintrittsgeld von einer Mark.
Gut gelaunt und singend zogen die Mitglieder des neugegründeten Turnvereins nach der Versammlung zum damaligen Schulturnplatz. Dort sollte der Turnverein allerdings nur eine vorübergehende Trainingsstätte finden. Bürgermeister Georg Heinrich Müller III stellte dem Verein den Platz als Provisorium zur Verfügung, „bis der Verein eigene Geräte hat und der Platz nahe dem Unterdorf, der ein Driesch (Ödland) war, hergerichtet ist“. Die Vereinsmitglieder machten sich selbst an die Arbeit um den Platz für ihre Zwecke herzurichten. Zuerst ebneten sie ihn und stellten in kurzer Zeit ein Reck und einen freistehender Barren auf.
Mit dem Training des Körpers konnte dann sehr schnell begonnen werden. Doch dabei wollten es die pfiffigen Vereinsmitglieder nicht belassen. Der Verein gründete zusätzlich noch eine Musikkapelle. Was heute vereinzelt als innovative Versuchsprojekte zwischen Musikschulen und Sportvereinen unter modernen Titeln wie „Sport meets Music“ ausprobiert wird, setzte der Turnverein Diedenbergen schon 1886 um. Um sich Musikinstrumente für die Vereinskapelle leisten zu können, legten die Mitglieder zusammen. Die stolze Summe von 26 Mark kam zusammen. Das reichte aus um die ersten Instrumente anzuschaffen. Insgesamt schafften es die Vereinsmitglieder im Gründungsjahr eine Trommel mit Gürtel und Trauerflor für 28 Mark, zwei Pfeifen für 9 Mark und ein Signalhorn für 5 Mark zu kaufen. Bis zur Jahrhundertwende kamen nach und nach immer weitere Instrumente dazu, bis alles da war, was eine Kapelle so brauchte. Das lohnte sich. Schon am 1 Januar 1887 veranstaltete der Verein sein erstes Konzert. Kurz darauf folgte zur Fastnacht ein zweites. Das wurde als gutes Zeichen für die Leistungsfähigkeit der jungen Kapelle gewertet. Doch nicht nur musikalisch feierte der Verein erste Erfolge. Auch turnerisch ging es voran. Mit dem Abturnen am 26. September 1886 klang das Gründungsjahr des Vereins aus. Besonders die Turner H. Dern und der Zögling G. Kleber durften sich freuen. Sie belegten die ersten Plätze.
Der Verein arbeitete nebenbei weiter an der Ausarbeitung seines Turnerplatzes. 1887 war es dann soweit. Der Platz erstrahlte in neuem sportlichem Glanz und verfügte über ein Klettergerüst mit Klimmtau, Klimmstangen und Streckschaukel, ein eichenes Reck und eines aus Tannenholz mit einer Stahlstange bzw. Holzstange und einen feststehenden und einen transportablen Barren. Außerdem waren jetzt eine Hoch- und eine Weitsprunganlage, zwei Sprungbretter und eine 50 Pfund schwere Hantel sowie ein Stein zum Stoßen vorhanden. Kein schlechter Anfang für einen kleinen Verein. Das musste gebührend gefeiert werden. Am 8. Mai 1887 war es dann soweit. Der Turnplatz wurde offiziell und feierlich eingeweiht. Und an den Festivitäten wirkten nicht nur Vereinsmitglieder mit. Alle Diedenbergener Jungfrauen wurden aufgefordert als so genannte Festjungfrauen mitzuwirken. Außerdem sagte der Diedenberger Gesangsverein „Concordia“ zu mitzumachen. Insgesamt erschienen acht Turnvereine aus der Umgebung und zwei Deputationen der Gesangsvereine um mitzufeiern. Nicht zu vergessen die 29 Festjungfrauen.
Natürlich empfing der Turnverein Diedenbergen nicht nur andere Turnvereine bei sich, sondern er beteiligte sich auch an Turnfesten in der Umgebung. 1887 wirkte der TVD bei den Turnfesten in Langenhain, Okriftel, Flörsheim und Weilbach sowie dem Gau-Turnfest in Kriftel mit. Besonders gut schnitten in diesem Jahr vier Mitglieder des TVD ab: Philipp Fein, W. Kleber, Karl Müller III und Heinrich Schmidt II errangen Preise. TVD Frontmann und erster Erster Vorsitzender Heinrich Harff fungierte dabei als Preisrichter. Das Turnjahr 1887 klang am 9. Oktober mit dem Abturnen aus.